Business Coaching & Organisationsentwicklung

Der Bestätigungsfehler

20. Oktober 2020
von Manfred Rack

Leserinnen und Leser meiner Artikel wissen bereits – ein wesentliches Element der systemischen Beratung stellt die individuelle Wahrnehmung der betroffenen Personen dar. Unsere Entscheidungen sind stark davon abhängig, wie wir Dinge (oft auch unbewusst) wahrnehmen und wie wir danach handeln. Das Verhalten, welches sich aus dem heute von mir vorgestellten Begriff erklärt, läuft uns allen immer wieder in der einen oder anderen Art über den Weg – dies vielleicht öfter als uns lieb ist …

Ein Beispiel

Zwei Freunde sehen sich gemeinsam vor dem Fernseher ein Fußballspiel an, jeder ein Fan von einer der spielenden Mannschaften. Plötzlich geschieht ein Foul und daraus folgt ein Elfmeter. Während der eine dem Schiedsrichter vollkommen Recht gibt, ist der andere total aus dem Häuschen. Es versteht die Entscheidung überhaupt nicht. Beide sehen die gleiche Szene und doch hat jeder von ihnen eine andere Wahrnehmung des Vorfalls. Zuseher 1 geht davon aus, dass es sich nur um eine Abwehrreaktion des Spielers handelt. Es kommt ihm gar nicht der Gedanke, dass es sich um mehr handeln könnte. So etwas passiert in „seiner“ Mannschaft nicht, das weiß er aus Erfahrung. Zuseher 2 wiederum sieht sehr wohl die Unsportlichkeit und den daraus resultierenden Elfmeter. Die Diskussion, wer „Recht“ hat, nimmt ihren Lauf …

Der Bestätigungsfehler

Menschen neigen grundsätzlich dazu, Annahmen und Erwartungen eher zu bestätigen als diese zu widerlegen. Unser Verstand lernt aus unseren früheren Erfahrungen und unserem Wissen. Durch diese werden wir, wie wir sind und wie wir uns verhalten. Informationen, welche wir bekommen, bewerten wir so, dass sie in unser eigenes Weltbild passen. So denken wir im Alltag und so lösen wir üblicherweise auch unsere Probleme. Warum? Weil wir uns passende Gründe suchen, welche uns in unserem Handeln letztendlich auch bestätigen! Wir handeln nach dem so genannten Bestätigungsfehler (engl. Confirmation Bias).
Dieses Verhalten, so gut es in unseren Alltag passt, hat jedoch seine Tücken. Es „unterstützt“ uns auch dabei, unsere Wahrnehmungen so zu verzerren, dass dadurch entstehende Meinungen, Vorbehalte oder Vorurteile in unseren Köpfen verankert werden. Das kann dann soweit gehen, dass wir uns durch nichts belehren lassen (wollen). Andere Meinungen werden von uns nicht zugelassen oder ganz einfach ignoriert.

Auch in unserem beruflichen Umfeld finden wir uns immer in Situationen wieder, in denen wir mit dem Bestätigungsfehler konfrontiert werden. Wer von uns hatte noch die das Gefühl, dass uns unser Gegenüber überhaupt nicht zuhört oder unsere Argumente einfach unter den Tisch kehrt? Dabei ist es dann auch meist ungemein schwierig unsere Gegenseite von möglichen Alternativen zu überzeugen. Dies wirkt umso stärker, wenn es sich beispielsweise um Gespräche mit Vorgesetzen handelt. Gründe warum es für manche so schwer ist, eigene Emotionen aus sachlichen Themen herauszuhalten, kommen dabei selten ans Licht. Wir können nicht davon ausgehen, dass unser Denken oder Handeln für alle verständlich erscheint.
Wir sollten uns der Gefahr bewusst sein, dass unsere Wahrnehmungen in einer Weise verzerrt werden, in welcher wir nur mehr das zu sehen bekommen, was wir sehen wollen oder längst wissen. Um ein in solcher Weise aufgebautes Weltbild zu verändern, müssen wir unserem Verstand erlauben sich zu bewegen – flexibel zu reagieren um sich auch auf etwas Neues einstellen zu können.

In meinen professionell gestalteten Einzelgesprächen werden die wesentlichen Schritte für einen solchen Veränderungsprozess, auch im Zusammenwirken mit dem Verhalten anderer Personen, gesetzt und in der Folge machbare und nachhaltig wirksame Lösungen erarbeitet.