Business Coaching & Organisationsentwicklung

Das Schönreden – wenn kognitive Dissonanz unsere Entscheidungen beeinflusst

18. Oktober 2021
von Manfred Rack

Wir machen uns die Welt wie sie uns gefällt!

Spätestens seit wir Pippi Langstrumpfs Weisheiten aus unseren Kinderjahren zu schätzen gelernt haben, wissen wir: Wir alle haben unsere eigene Vorstellung zu unserem persönlichen Weltbild. Dieses gestalten wir nach unseren Bedürfnissen. Ist diese Vorstellung mit unserem Verhalten und Emotionen stimmig, dann leben wir in unserer sogenannten „heilen Welt“. Wird diese jedoch gestört, also passt unser Verhalten nicht mehr mit unserer grundlegenden Einstellung zusammen, dann fühlen wir uns in der einen oder anderen Art nicht mehr wohl in unserer Haut. Dieser mit innerlichen Konflikten getriebene Gefühlszustand ist auch bekannt als kognitive Dissonanz.

Alles unter Kontrolle

Dieses unangenehme, meist durchgehend negative Gefühl entsteht jedoch nur dann, wenn wir der Ansicht sind alles unter Kontrolle zu haben und wir unsere Entscheidungen dazu freiwillig fällen. Stellen sich getroffene Entscheidungen für uns als falsch heraus, dann entsteht diese Unstimmigkeit gegenüber unseren eigenen Vorstellungen! Rational gesehen, könnten unsere Entscheidungen für andere durchaus passen, aber eben nicht für uns und unser Weltbild. Sind wir den Aufgaben, welche wir uns mit unseren Entscheidungen verbinden, nicht gewachsen oder stellen sie sich als viel schwieriger heraus, als wir uns das vorgestellt haben, dann kann sich auch dadurch ein negatives Gefühl für uns entwickeln. Ebenso, wenn sich unsere Erwartungen nicht erfüllen obwohl diese durchaus im Bereich des Möglichen angesiedelt sind. Was tun wir dagegen? Wir versuchen uns in der Wiederherstellung dieser verlorengegangenen Stimmigkeit.

Das Schönreden

Solche negativen Gefühle möchten wir natürlich so gut wie möglich vermeiden. Dafür setzen wir dann unbewusst einen Mechanismus in Gang, durch welchen wir uns vor diesen Unstimmigkeiten schützen wollen. Wir wollen diesen Widerspruch, dass etwas nicht so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben, ausschalten, um uns dadurch wieder im Einklang mit unserer gewohnten Lebensweise (=Weltbild) zu bringen. Wir rechtfertigen uns vor uns selbst und vor anderen. Je öfter wir solche Rechtfertigungen abrufen, desto mehr glauben wir daran und leben diese in den unterschiedlichsten Verhaltensweisen aus. Beispielsweise durch die Neuinterpretation bereits getroffener Entscheidungen oder durch gezieltes Verdrängen und Herabsetzen anderer Möglichkeiten. Warum sind wir am Arbeitsplatz unzufrieden und bleiben dann doch dort? Es werden Gründe gefunden, warum die gegenwärtige Situation letztendlich doch nicht so schlecht ist. Dies kann soweit führen, dass wir dann den Anspruch an unserem Arbeitsplatz so tief hinunter schrauben bis uns dieser für unseren momentanen (Gemüts)zustand wieder passend erscheint. Wir können auch durchaus eine Zeit lang damit gut leben – wir bekämpfen dabei jedoch nur die Symptome aber nicht die tatsächlichen Ursachen.

Wird uns jedoch bewusst, dass wir genau so vorgehen und gestehen wir uns dieses Handeln ein, dann können wir unsere Denkweise besser verstehen (lernen). Wir können erkennen, dass unsere bisherigen Entscheidungen und unser derzeitiges Handeln unserem tatsächlichen Weltbild widersprechen und uns so für neue Möglichkeiten öffnen.

In der systemischen Beratung wird bewusst auf solche Verhaltensweisen geachtet und dementsprechend interveniert. Ohne Frage – oft braucht es mehr Mut, Fehlentscheidungen einzugestehen und zu korrigieren als solche bis zum bitteren Ende zu rechtfertigen.